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Schon im Praktikum war EDEKA Ingolstadt vom Eritreer Fitty Z. begeistert. Dort hat der 21-Jährige nicht nur eine Lehrstelle als Verkäufer gefunden, sondern auch neue Freunde im Kollegenkreis.

Mit einem Lächeln zieht Fitty Z. die Lebensmittel über den Scanner und wechselt beim Bezahlen noch ein paar freundliche Worte mit dem älteren Herren an der Kasse.

Man kennt sich, hier im Herzen Ingolstadts, wo Fitty seit zwei Jahren bei EDEKA eine Ausbildung macht und überwiegend Stammklientel bedient. „Ich bin sehr offen zu den Kunden und sie genauso zu mir“, sagt der Eritreer. „Fitty ist ein echter Sonnenschein“, legt sein Chef Frank Wendler nach. „Wenn jemand so auf die Menschen zugeht, klappt Integration auch.“

Den Weg zur EDEKA-Filiale in der Innenstadt fand Fthawie Z., genannt Fitty, über ein Praktikum im Sommer 2015. Schon vom ersten Moment beeindruckte Inhaber Frank Wendler Fitty Z.s Engagement. „Es meldet sich nicht oft jemand für ein unbezahltes, freiwilliges Praktikum für einen ganzen Monat“, erzählt er. „Nach den vier Wochen hätten wir Fitty am liebsten behalten.“ Aber der heute 21-Jährige setzte noch ein Jahr lang seinen Deutschkurs fort.

Königsweg Praktikum, Minijob, Ausbildung

„Da haben wir überlegt: Wie halten wir uns Fitty warm?“, erzählt Wendler und lacht. Er bot dem Eritreer einen Minijob an, um das Jahr zu überbrücken. „Der Königsweg ist für mich: Praktikum, Minijob, Ausbildung“, zählt Wendler auf und er bekam recht: Fitty Z. freundete sich mit den jungen Kollegen an und die Arbeit machte ihm so viel Spaß, dass er sich für eine Ausbildung bei EDEKA entschied – und diese auch anderen Lehrstellen, die im Raum standen, vorzog.

Wenn er das heute so erzählt, klingt es nach jeder Menge Chancen für ihn als Neuankömmling in Deutschland. Und genauso sieht Fitty Z. es auch: „Man hat alle Möglichkeiten als Geflüchteter“, gibt er sich überzeugt. „Wenn man die Sprache kann, stehen einem alle Türen offen. In Eritrea aber hat man keine Chance. Man hat keine Hoffnung mehr. Wer bleibt da noch?“

Fitty Z., der als Bauernkind auf eine Schule in der Stadt kam, weil er klug und fleißig war und deswegen sogar Preise gewann, sah in seiner Heimat keine Perspektive. Er musste die Schule abbrechen, um den Eltern beim Hüten der Viehherde zu helfen. Er sah den Bruder zum Militär gehen und als er selbst auf unbestimmte Zeit eingezogen werden sollte, floh er. Den Eltern sagte er erst Bescheid, als er schon im Sudan war. Sie weinten.

Fitty Z. spricht selten von den sechs Monaten der Flucht; auch Wendler kennt die Geschichte noch nicht. „Es war eine schwierige Zeit“, beginnt der Geflüchtete. Mit „großem Glück“ habe er es innerhalb von drei Tagen durch die Sahara geschafft. „Da sterben viele“, sagt er. „Da hast du nichts zu essen und nichts zu trinken; du siehst nichts. Da ist null.“ Im Sudan kam er als Illegaler ins Gefängnis und ihm wurde klar: Auch hier hat er keine Zukunft. Nach Monaten in Lybien schipperte er mit einem vollgepferchten Schiff nach Italien. Es gab keine Uhr, kein Handy. „Wir hatten auch kein Wasser und keinen Platz zum Sitzen. Meine Eltern wussten nicht, ob ich ertrunken bin. Sie haben Tag und Nacht gebetet, damit mir nichts passiert“, berichtet Fitty Z..

Sein Chef spricht von Studium und Filialleitung

Aus diesen Tagen sind ihm nicht nur schlimme Erinnerungen geblieben, sondern auch ein guter Freund, der heute ebenfalls in Ingolstadt lebt. Dass sie hier gelandet sind, war ein glücklicher Zufall. Eigentlich hatte Fitty Z. mit einer ganzen Gruppe Gleichgesinnter zu einem Freund nach Kopenhagen reisen wollen. Weil einer von ihnen aber kein Zugticket gelöst hatte, mussten sie nach einer Kontrolle in Ingolstadt alle aussteigen. „Das war meine größte Chance“, sagt Fitty Z..

Ihm stehen noch viele Wege offen. Weil er die zweijährige Ausbildung zum Verkäufer bravourös abgeschlossen hat, darf er ein weiteres Jahr dranhängen und sich zum Einzelhandelskaufmann weiterbilden lassen. Sein Chef, der ihn auch bei der Wohnungssuche unterstützte, sieht in Fitty Z. noch mehr Potenzial. Er spricht von Fachabitur und Studium, vielleicht eines Tages von der Leitung einer Filiale.

Bei diesen Worten lächelt Fitty Z. ein wenig beschämt, aber auch stolz. Er weiß noch nicht genau, wo er beruflich stehen will in zehn, zwanzig Jahren und kann sich Vieles vorstellen. Aber jetzt erstmal will er bleiben in seinem Supermarkt, am liebsten beim Obst und Gemüse oder an der Kasse, ganz nah bei den Kunden. „Solange es passt im Team, ist es gut hier."

Text: Diana Gäntzle
Fotos: Florian Freund Fotodesign