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Im Interview mit Daniela Wiedenbach: Was persönliches Wachstum mit Berufsorientierung zu tun hat

In der letzten Elternabend-Reihe begeisterte Daniela Wiedenbach als Referentin mit Ihrer Expertise bei ihrem Vortrag "Berufsorientierung am Mittag: was hat Ihr Selbstbild mit der Berufswahl Ihres Kindes zu tun?". Nun haben wir sie zu einem Interview getroffen und hinter die Kulissen geblickt.

sprungbrett bayern: Du hast in der letzten sprungbrett Elternabend-Reihe zum Thema statisches und dynamisches Selbstbild referiert und erklärt, worin die Unterschiede liegen. Wo liegt für dich der größte Vorteil darin, mehr im dynamischen Selbstbild zu sein?

Daniela: Ich denke, es ist sehr menschlich, dass wir alle hin und wieder an Punkte im Leben stoßen, an denen wir denken „oh also das kann ich nicht“ oder „ich fühle mich nicht gut genug“, wo uns einfach die Zuversicht fehlt, dass wir etwas bewältigen können. Dadurch sind wir manchmal wie gelähmt, nehmen andere Menschen als Bedrohung oder Schuldige wahr und möchten uns am liebsten verstecken, damit niemand unsere scheinbare „Unzulänglichkeit“ entdeckt. Das kann den Berufswahlprozess von Jugendlichen betreffen, aber auch die anstehende Matheklausur, zwischenmenschliche Konflikte, eine sportliche Herausforderung oder vieles mehr. Es kann jeden Lebensbereich betreffen.

Der Vorteil immer mehr ein dynamisches Selbstbild zu kultivieren und zu pflegen ist für mich, dass es uns die Freiheit schenkt, zu wählen, wie wir mit solchen Situationen umgehen wollen. Das bringt mehr Leichtigkeit, Handlungsfähigkeit und Motivation mit solchen Situationen umzugehen. Es schenkt uns das Vertrauen, dass wir lernen und uns entwickeln können, dass wir andere Menschen um Hilfe bitten dürfen. Heißt das, wir müssen uns immer entwickeln und aus unserer Komfortzone gehen? Nein, sicher nicht. Aber mit einem dynamischen Selbstbild weiß ich, dass ich nicht auf den Menschen festgelegt bin, der ich jetzt bin und dass ich mich mit Einsatz für eine bestimmte Sache verändern und wachsen kann.

sprungbrett bayern: Carol Dweck ist die führende Forscherin in diesem Thema und sie sagte einmal „Das ist schwer. Das macht Spaß!“. Was denkst du über diesen Satz? Bist du davon selbst überzeugt? Wenn ja, warum?

Daniela: Carol Dweck sagt selbst, dass sie Jahre in die Beziehung zu sich investiert hatte, bis sie sich schließlich dabei beobachtete, wie Sie bei einer Herausforderung dachte „Oh, das ist schwer. Das macht Spaß“. Bin ich selbst immer an diesem Punkt – sicher nicht ;-). Ich bin davon überzeugt, dass weder Jugendliche im Prozess der Berufswahl noch alle anderen Menschen ein weiteres Konzept brauchen, dass noch mehr Druck in unsere Welt bringt, in der Stress ein großes Thema ist. Viele von uns wachsen mit limitierenden Glaubenssätzen wie „Mathe kann ich einfach nicht“ auf oder haben Herausforderungen gegenüber einen Widerstand, da sie eine große Möglichkeit darstellen, zu scheitern. Was ist, wenn ich meinen „Traumberuf“ nicht finde? Was ist, wenn ich einfach nichts kann oder nicht weiß, was ich kann und was mir Freude macht? Was ist, wenn ich einfach nicht weiß, was der nächste gute Schritt in meiner Berufswahl ist und mir das Angst macht?

Dieser Satz ist für mich ein liebevoller Reminder, dass wir auch eine andere Perspektive gegenüber Herausforderungen einnehmen können. Die Situation will uns nicht zerstören oder will, dass wir scheitern. Ich darf mir erlauben, dass ich jetzt noch keine Ahnung habe, was ich werden möchte. Und der Satz erinnert uns daran, dass etwas „noch“ nicht zu wissen, nicht heißt, dass wir falsch sind oder etwas falsch gemacht haben. Denn ich stehe am Anfang des Prozesses. Ich darf einfach ausprobieren und Erfahrungen machen, ich muss nicht den perfekten Plan haben. Vielleicht spüren auch Sie beim Lesen, wie viel Druck das reduziert. Diese Haltung beinhaltet, dass jedes „Scheitern“ kein Versagen ist, dass beweist, wie wenig ich wert bin, sondern jedes „Scheitern“ z. B. jedes Praktikum, dass mir nicht gefällt, bringt mir eine Erkenntnis und mich damit weiter auf meinem Weg zu meinem Beruf.

Dadurch wächst mein Selbstwert, meine Freude, meine Persönlichkeit, meine Motivation mir meinen Weg immer weiter selbst zu erschließen - mit jeder Herausforderung und jedem Scheitern. Bis ich mich vielleicht irgendwann, wie Carol Dweck, dabei erwische, dass ich denke „oh, das ist schwer, dass macht Spaß“.

sprungbrett bayern: Was kann es denn bei den Kindern bewirken, wenn das Elternteil selbst an persönliches Wachstum glaubt?

Daniela: Ich denke, und auch zahlreiche Studien weisen ja daraufhin, wie wichtig die Eltern als Vorbilder für ihre Kinder sind. Kinder haben feine Antennen und spüren sehr schnell, ob man ihnen etwas zutraut oder nicht. Das wiederum hat Einfluss darauf, ob Kinder selbst an sich und ihre Fähigkeiten glauben. Wenn ich Angst haben muss, dass ich scheitere, verknüpfe ich meinen Selbstwert eher mit Prüfungen etc. Das ist natürlich eine negative Spirale und ein großer Druck, denn wir alle wollen ja am Ende einfach nur um unser selbst willen geliebt werden. Mit jeder Herausforderung kann ich das Gesicht vor meinen Eltern verlieren.

Wenn Eltern persönliches Wachstum für möglich halten, werden sie sicher ihrem Kind vermitteln, dass es mit Einsatz immer Lösungen finden wird und somit das Selbstvertrauen des Kindes stärken, sodass es gut seinen eigenen und selbstverantwortlichen Weg im Leben finden wird. Wenn Eltern persönliches Wachstum für möglich halten, dann werden sie dem Kind helfen, eine konstruktive Beziehung zu Fehlern als Lernchance aufzubauen.

So schenken sie dem Kind Raum sich selbst als lernfähigen und wertvollen Menschen zu erfahren, der voller Vertrauen und Zuversicht ins Leben startet. Der Lust hat motiviert ist sich selbst Ziele setzen und zu verfolgen.    

sprungbrett bayern: Und zu gut der Letzt: Wenn du einem Kind begegnest, das sehr stark vom statischen Selbstbild geprägt ist, was würdest du ihm/ihr sagen wollen?

Daniela: Ich nehme dich ernst, ich sehe dich, ich verstehe dich und deine Sorge. Ich schätze dich einfach so wie du du bist! Du kannst das (was auch immer es ist) jetzt vielleicht NOCH nicht. Aber wenn du willst, kannst du es lernen bzw. besser darin werden und wenn du möchtest, helfe ich dir sehr gerne dabei herauszufinden wie.

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